[1] Riemerschmid lebte von 1868 bis 1957 und zählt zu den bahnbrechendenArchitekten Deutschlands. Als sein Hauptwerk gilt der Innenausbau des Münchner Schauspielhauses.
[2] Der Jugendstil suchte gegen die historisierenden Stilrichtungen des 19. Jahrhunderts wie Neogotik oder Neobarock eine neue, eigenständige Ausdrucksform. Er strebte eine gleichberechtigte Synthese von Architektur und handwerklichem Kunstgewerbe an. Die Jugendstilkünstler verhalfen so dem Handwerk, dem in der rasant voranschreitenden Industrialisierung die Absatzmärkte wegzubrechen drohten, zu erneuter Geltung. Die vom Industriezeitalter bedrohte Natur sollte in das tägliche Leben zurückgebracht werden. Im Alltag erlebbare Kunst sollte Mensch und Natur versöhnen. Deutlich zeigt sich das Ansinnen an den zahlreichen Pflanzen- und Tiermotiven. Beim Lindenhof verweist schon der Name auf die Motivation. Außerdem hätte der Bau kaum harmonischer in die Landschaft eingepasst werden können.
Grundstein für die Ulmer Metallindustrie
Der Ulmer Glockergießer Philipp Jakob Wieland legte 1828 mit der Gründung einer Messingfabrik den Grundstein für die Ulmer Metallindustrie.
1841 und 1846 erwarb er in Herrlingen zwei Mühlen und die damit verbundenen Rechte an der Wasserkraft. Wieland erweiterte dort seine aufstrebende Firma um ein Messingwalzwerk. In Ulm waren, nicht zuletzt wegen des Baus der Bundesfestung, Industriebauplätzeknapp geworden.
Die Wielandwerke beschäftigten an den Standorten Ulm, Herrlingen und Vöhringen um 1900 etwa 450 Menschen. Das Unternehmen florierte und expandierte. Im Jahre 1902 wurde der Produktionsstandort in Herrlingen wegen Platzmangels geschlossen und ins bayerische Vöhringen verlegt.
Doch im Privatbereich hielten die Wielands Herrlingen die Treue.
Bereits Philipp Jakob Wieland schätzte den Erholungswert des Blautals. Er besaß ab Mitte der 1850er Jahre ein Landhaus am Lauterufer.
Dieser Familientradition folgend, beauftragte Max Robert Wieland 1904 den bekannten Münchner Architekten und Maler Richard Riemerschmid[1] mit dem Bau der im Jugendstil[2] gehaltenen Lindenhofvilla. Der Lindenhof ist ein typischer Landsitz des gehobenen Bürgertums um die Jahrhundertwende, bestehend aus einer Villa und mehreren Wirtschaftsgebäuden, insbesondere dem so genannten Torhaus. Das Anwesen bot bis zu 18 Personen Raum.
[1] Riemerschmid lebte von 1868 bis 1957 und zählt zu den bahnbrechendenArchitekten Deutschlands. Als sein Hauptwerk gilt der Innenausbau des Münchner Schauspielhauses.
[2] Der Jugendstil suchte gegen die historisierenden Stilrichtungen des 19. Jahrhunderts wie Neogotik oder Neobarock eine neue, eigenständige Ausdrucksform. Er strebte eine gleichberechtigte Synthese von Architektur und handwerklichem Kunstgewerbe an. Die Jugendstilkünstler verhalfen so dem Handwerk, dem in der rasant voranschreitenden Industrialisierung die Absatzmärkte wegzubrechen drohten, zu erneuter Geltung. Die vom Industriezeitalter bedrohte Natur sollte in das tägliche Leben zurückgebracht werden. Im Alltag erlebbare Kunst sollte Mensch und Natur versöhnen. Deutlich zeigt sich das Ansinnen an den zahlreichen Pflanzen- und Tiermotiven. Beim Lindenhof verweist schon der Name auf die Motivation. Außerdem hätte der Bau kaum harmonischer in die Landschaft eingepasst werden können.
Der Bau ist der bedeutendste aller in Herrlingen erstellten Landhausbauten
Zusammen mit dem ebenfalls von Riemerschmid gebauten Wielandschen Stadthaus in der Ulmer Olgastraße (Nr. 129), ist der Lindenhof das wichtigste Jugendstilgebäude der Region.
Während aber die meisten anderen Jugendstilarchitekten um 1900 den Selbstzweck des Gebäudes in den Vordergrund stellten, orientierte sich Riemerschmid am Zweck und damit an den Bedürfnissen der Bewohner[3].
So erscheint die Außenansicht der Villa in einer Sachlichkeit[4], die den Jugendstil eigentlich schon überwunden hat. Insbesondere die funktionale Zuordnung des Küchentraktes und der Vorratsräume an das Hauptgebäude steht mehr im Zeichen
reibungsloser Arbeitsabläufe[5], als eines in sich gerundeten äußeren Erscheinungsbildes. Auch der Kegelbahnanbau[6] will vor allem dem Anliegen nach bequemem Zugang entsprechen.
[3] Vgl. Wilhelm Michel: Richard Riemerschmid, in: Dekorative Kunst, XII, 7.April 1909, S. 298.
[4] Vgl. Cornelia Fauth: Der Landsitz „Lindenhof" der Ulmer Unternehmerfamilie Max Robert Wieland von Richard Riemerschmid, Magisterarbeit Heidelberg 1992, (masch.) S. 87
[5] Die Bewohner wurden darüber hinaus weder von Geräuschen noch von Gerüchen aus der Küche belästigt.
[6] Die Kegelbahn wirkt, als wäre sie nachträglich angebaut worden. Tatsächlich hatte Riemerschmid den Grundriss von Beginn an so geplant.
[3] Vgl. Wilhelm Michel: Richard Riemerschmid, in: Dekorative Kunst, XII, 7.April 1909, S. 298.
[4] Vgl. Cornelia Fauth: Der Landsitz „Lindenhof" der Ulmer Unternehmerfamilie Max Robert Wieland von Richard Riemerschmid, Magisterarbeit Heidelberg 1992, (masch.) S. 87
[5] Die Bewohner wurden darüber hinaus weder von Geräuschen noch von Gerüchen aus der Küche belästigt.
[6] Die Kegelbahn wirkt, als wäre sie nachträglich angebaut worden. Tatsächlich hatte Riemerschmid den Grundriss von Beginn an so geplant.
[7] Riemerschmid versuchte zwischentraditionellem Kunstgewerbe und moderner Maschine zu vermitteln, um die anfänglich erbitterte Feindschaft aufzulösen (vgl. Michel, S. 300). Die Vermutung, dass auch der Hausherr, seinerseits ein Industrieller, diese Fabrikware wünschte, liegt nahe.
Die Räume der Villa
Die Räume im ersten Stock waren durch die nüchtern wirkenden Möbel der Dresdner Werkstätten auf Funktionalität ausgerichtet. Diese zeigte sich auch an den freiliegenden elektrischen Installationen und Ofenrohren. Obwohl in den Repräsentationsräumen im Erdgeschoss noch der verspielte Stil um 1900 vorherrschte, folgte Riemerschmid auch hier seinem, an Funktionalität ausgerichteten Konzept.
Es ist bezeichnend für Riemerschmids Werk, dass diese Repräsentationsmöbel keines weges Einzelanfertigungen waren, sondern Fabrikware[7] aus dem Katalog.
Einerseits war der Lindenhof noch ganz ein Jugendstilbau, andererseits steht er schon ander Schwelle zu einer neuen Architektur.
In dieser Zwiespältigkeit ist das Bauwerk von ganz besonderem kulturhistorischem Wert.
Bis zum Jahr 1950 wurde das gesamte Areal von den Wielands als Sommersitz genutzt. Während das Hauptgebäude mit einem Teil des Grundstücks im selben Jahr von der Gemeinde Herrlingen erworben wurde, blieben die Wirtschaftsgebäude bis zum Juli 1977 in Familienbesitz.
Mit dem Umbau der Villa zum Schulhaus im Jahr 1952 erfolgte ein starker Eingriff in die ursprüngliche Bausubstanz.
[7] Riemerschmid versuchte zwischentraditionellem Kunstgewerbe und moderner Maschine zu vermitteln, um die anfänglich erbitterte Feindschaft aufzulösen (vgl. Michel, S. 300). Die Vermutung, dass auch der Hausherr, seinerseits ein Industrieller, diese Fabrikware wünschte, liegt nahe.
Die 1969 gebaute Lindenhofschule sollte anfangs der siebziger Jahre um eine Turnhalle mit Lehrschwimmbecken ergänzt werden. Der zweite Bauabschnitt des Schulzentrums sollte genau am Standort der Villa verwirklicht werden. Die Genehmigung für den auf 1970 festgelegten Abbruch des Hauptgebäudes lag bereits vor, als Geldmangel den weiteren Ausbau der Schule verzögerte. Gleichzeitig hatte das Landesdenkmalamt Einspruch gegen die Abbruchgenehmigung eingelegt und das Gebäude unter vorläufi gen Denkmalschutz gestellt. Das Regierungspräsidium Tübingen verfügte im Herbst 1974[8] die Eintragung in das Denkmalbuch. Der Einspruch der Gemeinde Herrlingen, seit 1. Januar 1975 Teilort von Blaustein, wurde schließlich vom Blausteiner Gemeinderat zurückgezogen.
Die Restaurierung unter der Leitung des Architekten Folker Mayer begann im Außenbereich 1983, im Innenbereich erst vier Jahre später.
Es entstanden Kosten in Höhe von zwei Millionen Mark. Die Einweihung fand am 3. September 1989 statt.
[8] Erlass vom 22. Oktober 1974
Einige Eindrücke von der Villa Lindenhof
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